Körner am Montag: In dieser Woche ein Exkurs zur Finanzierung unseres Nahverkehrs

Veröffentlicht am 21.12.2020 in Woche für Woche

Unser Fraktionsvorsitzender Martin Körner berichtet in seinem heutigen Wochenrückblick von den aktuellen Herausforderungen bei der nachhaltigen Finanzierung des Öffentlichen Nahverkehrs in Stuttgart - konkret bei der SSB. 

Am vergangenen Montag tagte der Aufsichtsrat der SVV, bis 21.30 Uhr, und ich durfte dabei sein ☺. Ja, aber was ist eigentlich die SVV? Und was hat sie mit der Finanzierung des Nahverkehrs zu tun?

Was die SVV eigentlich ist

Wahrscheinlich wissen das nur wenige – und das obwohl es sich dabei fast um die wichtigste Gesellschaft der Landeshauptstadt handelt. Die SVV ist eine Holding der Stadt, die die Anteile der Stadt an der SSB, am Hafen und an den Stadtwerken hält. Zu ihrem Vermögen zählen auch Geldanlagen in Renten und Aktien (derzeit gut 400 Mio. Euro), die noch aus dem Verkauf der Strom-, Gas- und Wasserversorgung vor rd. zwanzig Jahren stammen.

Aus den Erträgen von Hafen, Stadtwerken und Geldanlagen soll das Defizit der SSB finanziert werden. Durch den sog. steuerlichen Querverbund müssen die Gewinne des Hafens, der Stadtwerke und aus den Geldanlagen nicht versteuert werden. Sie werden mit den Verlusten der SSB verrechnet, so dass in der Holding selbst keine Gewinne anfallen.

Jetzt gibt es aber Probleme

In den letzten zwanzig Jahren hat das ganz gut funktioniert, weil die Defizite der SSB gering ausfielen (jeweils unter zwanzig Mio. Euro p.a.) und die Erträge aus den Geldanlagen hoch waren. Ganz aktuell gibt es jedoch gravierende Probleme: die Geldanlagen werfen fast nichts mehr ab, die Defizite der SSB steigen deutlich an, die Stadtwerke liefern noch keine relevanten Gewinne, weil sie sich immer noch im Aufbau befinden. Wenn sich die Defizite der SSB tatsächlich so entwickeln wie derzeit befürchtet (über 50 Mio. Euro in 2021, jeweils über 70 Mio. Euro in 2022 bis 2024 und fast einhundert Mio. Euro in 2025), reicht das Geld der SVV nicht mehr aus, um die Defizite zu decken.

Was ist also zu tun? Was heißt das nun politisch?

Zum einen haben wir bei den vergangenen Haushaltsberatungen einen Vorschlag durchgesetzt, der die Arbeit der SSB in den kommenden fünf Jahren stark unterstützt. Aus dem städtischen Haushalt haben wir mit einer ungewöhnlichen Koalition aus SPD, CDU und Linken 120 Mio. Euro locker gemacht, um die Investitionen der SSB in den Erhalt des Stadtbahnsystems mit zwanzig Mio. Euro in 2020 und jeweils 25 Mio. Euro von 2021 bis 2024 zu unterstützen. Das reduziert das Defizit der SSB in jedem dieser Jahre um genau die genannten Beträge. Ohne diese Unterstützung würden die o.g. Defizite noch höher ausfallen, weil die Erhaltungsinvestitionen hier sofort voll in die Gewinn- und Verlustrechnung einfließen.

Außerdem sollten wir aus meiner Sicht das Geldvermögen der SSV Schritt für Schritt umschichten, um damit das Trinkwassernetz wieder zurückzukaufen und um damit Investitionen in die erneuerbaren Energien zu finanzieren. Das Geld würde damit wieder so angelegt, dass es den Aufgaben einer Stadt entspricht, nämlich in Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge. In Rentenpapiere europäischer Staaten oder in Aktien von L’Oreal sollte unsere Stadt aus meiner Sicht nicht langfristig investieren. Unter dem Strich verspreche ich mir davon auch höhere Erträge, die zumindest einen Teil der zukünftigen SSB-Defizite ausgleichen können.

Klar ist aber auch: für eine nachhaltige Finanzierung der SSB, deren Bus- und Bahnangebote wir ja noch weiter ausbauen wollen und die in den nächsten Jahren mehr für den Erhalt ihres Angebots ausgeben muss, wird das alles kaum reichen, und das gilt auch für andere Städte, die mit der Energieversorgung nicht mehr so viel Geld verdienen, dass es für die Querfinanzierung des Nahverkehrs reicht. Also werden wir in den kommenden Jahren zusätzliche, neue Finanzierungsinstrumente für den Nahverkehr brauchen, vor allem, wenn wir die Preise für das Bus- und Bahnfahren weiter senken wollen. Aus meiner Sicht wäre ein Landesgesetz sinnvoll, das den Kommunen hierfür neue Möglichkeiten bietet. Verschiedene Instrumente zur sog. Drittnutzerfinanzierung kann man sich zum Beispiel hier anschauen: https://vm.baden-wuerttemberg.de/de/mobilitaet-verkehr/strasse/verkehrsinfrastruktur/konzepte-zur-finanzierung/

Mein Favorit ist übrigens die Variante K.

So, das war jetzt mal ein etwas anderer Körner am Montag. Im neuen Jahr möchte ich versuchen, meine wöchentlichen Berichte aus dem Rathaus noch für mehr Leute interessant zu machen. Wir denken dabei auch an Video-Formate. Vielleicht sind auch solche Schwerpunkt-Themen wie heute sinnvoller als der Ritt durch die ganze Woche. Was meint Ihr? Über Hinweise und Anregungen freue ich mich, gerne per Mail an: martin.koerner@stuttgart.de

Ach, ja: Frohe Weihnachten! Bleibt gesund und seid vorsichtig und kommt gut ins Neue Jahr!

 

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